Sunday, June 03, 2007

Christen hüben und drüben springen auf den fahrenden Klimawandel-Zug auf


Dass in den Vereinigten Staaten von Amerika namhafte Kirchenväter wie Rick Warren (The Purpose Driven Life) auf den fahrenden Zug aufgesprungen sind, hat mich etwas erstaunt. Aber noch viel mehr hat mich erstaunt, in der Mai 2007 Ausgabe der christlich-politischen Monatszeitung EDU-Standpunkt den Titel Klimawandel ist ein Fakt zu finden. Nachdem ich zuvor während Jahrzehnten das Umweltvokabular und eine besondere Umweltethik bei den meisten Christen vergeblich gesucht habe, so ist das Aufspringen von bisher skeptischen Christen, ausgerechnet heute, wo es um eine von der UNO, von Umweltschutzorganisationen und von der wirtschaftlichen Umweltlobby finanzierte Wissenschaft des Konsenses über die von Menschen verursachte globale Erwärmung geht (Hockey-Stick-Grafik), zumindest einer Prüfung zu unterziehen.


Ich möchte vorerst etwas aus der Internetseite von CFACT übersetzen. CFACT (Commitee for a Constructive Tomorrow) ist übrigens die amerikanische Vordenkerorganisation für ein neues ökologisches Bewusstsein unter Christen in Europa mit einer gerade für Christen derart umfassenden Sichtweise, die in der Schweiz noch seinesgleichen sucht. Ich habe den Eindruck, dass dieser von David Rothbard und Craig Rucker erstellte Artikel, datiert vom 1. April 2000, für eine christliche Partei von entscheidender Bedeutung ist, so dass ich ihn hiermit ungekürzt weitergebe.

Öko-Religion bringt Ernte von Jüngern ein
Die wachsende religiöse Komponente in Umweltbelangen



Saturday, April 01, 2000
by David Rothbard and Craig Rucker


Für die Griechen war es die Anbetung der Göttin Demeter welche den Wechsel der Jahreszeiten bewirkte. Für die Ägypter waren es die Götter Schu, Jeb und Nut, welche die Atmosphäre, die Erde und den Himmel kontrollierten. Und für die Mayas war es die Gottheit Itzamna welche Regen brachte. Sicher ist, dass himmlische Attribute über der natürlichen Welt so alt sind wie die Geschichte der Menschheit schlechthin. Doch während vorher sogenannte Schöpfungsanbetung scheinbar von den meisten Ecken der zivilisierten Welt verschwunden war und wie selbstverständlich durch die Anbetung eines alleinigen Gottes ersetzt wurde, scheint es als ob solche heidnischen Bräuche erneut im Kommen seien.

Es ist mit wachsender Häufigkeit, dass grüne Organisationen Artikel über deren Literatur veröffentlichen, ihre Redner in Foren sprechen lassen, und religiöse Veranstaltungen organisieren, und zwar mit dem Thema einer gewissen Öko-Spiritualität. All dies ist gross im Kommen: Sei es in der Form einer Erden-Messe (earth mass) in St. John the Divine in New York, anlässlich der Errichtung eines Öko-Klosters (ecozoic monastery) in Vermont, oder der Gründung sogenannter kirchlicher Nachhaltigkeitszirklen, um Öko-Gerechtigkeit in Chicago zur Forcierung der Vereinbarung von Ökologie und Religion zu verbreiten. Während früher nur am Rande darüber gepredigt wurde, kann man heute ganze Predigten über reduzierten Konsum und einen schöpfungsbewussten Lebensstil verfolgen, sowohl in liberalen wie auch in konservativen Kirchgemeinden. Tatsächlich kann sich heute für viele die Rettung der Erde mit der Rettung von Seelen messen.

Tiefe ökologische Wurzeln...

Es ist ohne Zweifel, dass schon immer Vielgötterei mit Umweltbelangen in Verbindung gebracht wurde. Man kann bis auf Henry David Thoreau zurückgehen, nach dem religiöse Begriffe oft zur Beschreibung der natürlichen Welt herbeigezogen wurden. Im Jahre 1858 schrieb Thoreau einen Artikel im Atlantic Magazine, in dem er seinen Glauben an die Unsterblichkeit einer Tanne und deren Chance in den Himmel zu kommen bekannte. Desgleichen schrieb John Muir, welche viele Leute als den Vater der modernen ökologischen Bewegung halten: „Ich bin in den Wäldern und die Wälder sind in mir... Ich habe das Sakrament mit dem Douglas-Eichhörnchen genommen, habe Sequoia-Wein getrunken, Sequoia-Blut, und mit seinen rosa Tropfen schreibe ich diesen hölzernen Evangeliumsbrief“.

Heute gibt es Heerscharen von Schriftstellern, religiöse Leiter, und Organisationen, die ihren Schwerpunkt auf dieses grün eingefärbte Evangelium verlegt haben.

Einer der schwergewichtigsten Schriftsteller und Vertreter der Schöpfungsanbetung (earth worship) ist Thomas Berry. Berry behauptet, ein Historiker der Kulturen zu sein, und hat sehr intensiv und umfangreich in seinen Schriften östliche Religionen behandelt. Als Sprecher seines Heiligen Kreuzes für Ökologie und Spiritualität (Holy Cross for Ecology and Spirituality) in Kanada, führt Berry ins Feld, dass alle traditionellen Religionen, allen voran das Christentum, so ziemlich nutzlos sind, wenn es um die Bewältigung der heutigen Umweltkrise geht. Er bezeichnet die Zehn Gebote und die Lehre der Apostel als etwas, das eine Überarbeitung nötig haben soll, und er sagt, die Christen müssten ihr verbortes Anliegen um Jesus Christus aufgeben, da die Menschheit in ein neues mystisches Zeitalter kommt. Was ist denn gemäss Berry dieses neue mystische Zeitalter? Es umfasst im Wesentlichen die bizarre Vorstellung von der Erde als eines lebendigen Organismus, das in seinem Geist und seinen menschlichen Qualitäten angesprochen werden will. Das wirkt tatsächlich befremdend!

Ein weiterer profilierter Schriftsteller in Sachen grüner Spiritualität ist Matthew Fox, ein dominikanischer Priester und Direktor eines Gebildes genannt Institut in Kultur und Schöpfungs-spiritualität (Institute in Culture and Creation Spirituality) in Kalifornien (wo denn sonst). Mit einer Hexe namens Starhawk auf seinem Stab und mit seiner Aussage, er habe seinen Hund als seinen spirituellen Leiter, vertritt Fox die These, dass die Menschheit die traditionelle Vorstellung von Sünde und Erlösung aufgeben soll, um dafür das neue religiöse Paradigma zu übernehmen, das sich auf die fundamentalste Ungerechtigkeit konzentriert, jenes der Menschheit gegenüber der Erde. Fox bringt seine höchst eigenartigen Ideen in einem Bestseller mit dem Titel Original Blessing unter die Leute, einem Buch, das offenbar in der katholischen Hierarchie kein grosser Hit war, denn Fox wurde 1994 vom Vatikan nach 33 Jahren im Priesteramt exkommuniziert.

Sowohl Berry als auch Fox, und zudem eine Vielzahl weiterer grüner Theologen wie George Sessions, Ame Naess, sogar das liberale, kalifornische politische Schwergewicht Tom Hayden , sind sich vermutlich mehr einig in dem was sie bekämpfen als wofür sie einstehen. Allesamt sind sie nämlich sehr kritisch gegenüber westlichen Religionen eingestellt. In ihrem Kern widerspiegelt deren Kritik vereinfacht gesagt jener von Lynn White, die 1966 einen berühmten Aufsatz schrieb, in dem sie das Christentum dafür verantwortlich macht, heidnischen Animismus zu zerstören, und es dadurch überhaupt zu ermöglichen, die Natur auszubeuten, und zwar mit einer Einstellung der Gleichgültigkeit gegenüber den Gefühlen natürlicher Objekte.

Was allerdings die verschiedenen Etiketten von Öko-Spiritualität betrifft, so gibt es eine grosse Vielfalt davon. Einige religiöse Grüne sind eher pantheistisch (Vielgötterei) gesinnt während andere sich eher im okkulten Bereich oder innerhalb des New Age bewegen. Wieder andere sind bewusst heidnisch gesinnt, die sogar soweit gehen als dass sie die griechische Göttin der Erde Gaia als wieder auferstandene Gottheit verehren. Während sie keineswegs identisch sind, so teilen sie zumindest einen gemeinsamen roten Faden, der am besten in dem bekannt gewordenen Biozentrismus zusammengefasst werden kann; oder in der These wonach alle Objekte Steine, Bäume, Tiere und Menschen denselben inneren Wert aufweisen, und dass der Mensch kein Recht hat, diese Ressourcen über dasjenige hinaus zu nutzen als was unmittelbar zu seinem Überleben dient. Wie es auch Autor Naess zusammenfasst, ist das was die meisten Ökoaktivisten zutiefst wünschen, eine neue Ethik, die Pflanzen, Tiere und Menschen umarmt, um in Harmonie mit der natürlichen Welt zu leben.

Offenbar ist für viele überzeugte Ökologen der Mensch keineswegs die Krone der Schöpfung Gottes, ganz im Gegensatz zur Bibel.

…in die Kirchenbänke hinein

Im Vorfeld dieses neuen Stosstrupps in die allgemeine Christenheit hinein, positioniert sich eine als National Religious Partnership for the Envirnoment (NRPE) bekannte Gruppe. Diese Koalition, bestehend aus der U.S. Catholic Conference, The National Council of Churches (Nationaler Kirchenratt), The Coalition on Environment and Jewish Life, und das Evangelikale Umweltnetzwerk ENN (Evangelical Environmental Network) wurde 1993 angeblich als Antwort auf jenen Brief gegründet, welcher durch 32 Wissenschaftler unterzeichnet wurde, in dem religiöse Leiter dazu aufgefordert werden, die Rettung des Planeten Erde zur universellen moralischen Priorität zu erklären. Dieses neue Missionsbekenntnis hat sich weitgehend von klassischen jüdisch-christlichen Lehren über die Schöpfung entfremdet. Tatsächlich fördert die Partnerschaft NRPE ausdrücklich diesen tiefst ökologischen, biozentrischen Standpunkt, indem die Heiligkeit aller Schöpfung (nicht nur des Menschen) propagiert wird. Der innere Wert aller Spezien und Habitate und den moralischen Stellenwert des gemeinsamen Gutes über den Privatbesitz.

So war die NRPE auch ziemlich aktiv mit der Verbreitung ihres Standpunktes unter gläubigen Christen. In drei aufeinander folgenden Jahren Mitte Neunziger hat die Koalition über 135'000 Lehrmittel an jede katholische Kirchgemeinde, fast jegliche jüdische Synagoge und an Zehntausende von liberalen und evangelikalen protestantischen Kirchgemeinden über die ganze amerikanische Nation hinweg verbreitet. Diese Lehrmittel beinhalten Musterpredigten über Ökologie für Geistliche, Sonntagsschul-lektionen über grüne Ökologie für Kinder und Kontaktadressen zu links gerichteten Umweltgruppierungen in deren politischen Gemeinden. Solche Aktionen scheinen nicht etwa in absehbarer Zeit wieder abzuklingen, da die NRPE kürzlich gigantische 16 Millionen Dollars erhielt, um das richtige Haushalten mit der Erde (earth stewardship) und die Zurüstung einer neuen Generation von religiösen Leitern zur Verbreitung eines sorgsamen Umgangs mit Gottes Schöpfung zu finanzieren. Diese Koalition hat bereits harte Arbeit geleistet und hat bereits ein Statement über die geistlichen Werte des Waldes (spiritual values of the forest) verfasst ¹. Innerhalb der NRPE wurde das EEN besonders aktiv in der Propagierung grüner Ökologie in die grösseren Kirchen hinein. Diese Gruppe wurde 1993 im U.S. Staat Pennsylvania gegründet und hat ganz rasch gegen 1000 Kirchen zu seinen Mitgliedern gezählt. Bis heute dürfte besonders erwähnenswert sein, wie das EEN die Republikaner dazu umgestimmt hat, den Endangered Species Act (ESA) 1996 wieder einzuführen. In der Tat hat das EEN dadurch obsiegt, in dem es den ungewöhnlichen Vergleich zwischen dem ESA und der Arche Noah gemacht hat, in dem es im Wesentlichen argumentierte, das ESA habe den selben Auftrag wie Noah, nämlich Tiere zu schützen. Gerade deswegen sollten die Anstrengungen zur Erhaltung der Arten nicht dadurch zunichte gemacht werden, indem etwa das Eigentum der Landbesitzer geschützt wird (möglichst sinngemässe Übersetzung). Das EEN hat auch die evangelikale Deklaration zum Schutze der Schöpfung (Evangelical Declaration on the Care of Creation) vorangetrieben, welches Christen zur Busse auffordert über die Umweltverschmutzung, die sie bewirkt haben und sich inskünftig für gerechte und nachhaltige (d.h. von der Regierung kontrollierte Plan-) Wirtschaft ² einzusetzen.

Natürlich gibt es noch unzählige andere Organisationen, viel zu viele um hier aufzuführen, die auch daran arbeiten, die Öko-Spiritualität in die Kirchenbänke und Kanzeln von Amerikas Kongregationen hinein zu bringen, sei es durch Redwood Rabbis, die im Norden Kaliforniens die Holzwirtschaft stoppen wollen oder die Jesus People gegen Umweltverschmutzung (Jesus People against pollution) welche strengere Superfund-Gesetze ³ in Mississippi einführen wollen. Dann gibt es noch die Episcopal Power and Light Coalition, welche die Verwendung von erneuerbaren Energien in San Francisco erzwingen wollen. Diese Gruppierungen werden in zunehmendem Masse aktiv und werden immer dreister in ihren Forderungen nach umweltgerechter Reinheit (environmental purity). Tatsächlich geht etwa Reverend Joan Brown Campbell im Namen der NRPE sogar so weit, dass für sie die globale Klimaerwärmung eine derart moralische Selbstverständlichkeit ist, dass sie die Unterstützung des Kyoto-Protokolls als einen Gütetest für Menschen des Glaubens (litmus test for people of faith) bezeichnet.

Es wird sich noch weisen, ob dieses neue grüne Evangelium tatsächlich, wie durch den evangelikalen Umweltschützer Dan Markham so bezeichnet, den grössten Einfluss seit dem Buch Silent Spring von Rachel Carson auf die amerikanischen Seelen haben wird.

April, 2000

¹ Dieses Statement des NRPE enthält gute und sogar biblische Ansätze. Dass aber gegenüber dem Wald eine derart geistliche Erfurcht beigesteuert werden sollte, dürfte manchen Christen zu weit gehen. Zudem weist es dem Wald eine auf das Weltklima regulierende Bedeutung zu, welche wohl auch manchem Wissenschafter zu weit geht.

² Spätestens jetzt sollten bei allen, die sich in einer christlichen oder bürgerlichen Partei für eine bürgernahe Politik einsetzen, die Alarmglocken läuten.

³ Superfund ist der geläufige Name für Cercla , the federal environmental cleanup law. Wenn ein Grundstück auf der Superfund-Liste ist, muss es durch alle bisherigen Besitzer, Betreiber, Transporteure und Abfallsünder gereinigt werden. Die Bundesregierung wird solche Grundstücke reinigen, indem es die verantwortlichen Parteien zur Zahlung der Abfallbeseitigungskosten mittels strenger Haftpflichtnormen verpflichtet.

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